Filmkritik zu „Der Pinguin meines Lebens“: Herzensbrecher im Frack

Kultur

Unlängst beschwerte sich eine Leserin darüber, dass auf der Filmseite jene Filme überwiegen, die sich im Horrorgenre abspielen oder von Krieg und Gewalt handeln. Tatsächlich spiegelt die wöchentliche Seite der Filmkritik alle Filme wider, die neu in den Kinos anlaufen – und dazu zählen nun mal die bemängelten „dunklen“ Filme. Zur Abwechslung aber wirft nun die neue Komödie des britischen Regisseurs Peter Cattaneo helles Licht in die düstere Weltgeschichte.

Bereits mit seinen arbeitslosen Männer-Strippern in „Ganz oder gar nicht“ („The Full Monty“) hat Cattaneo sein Händchen für effektvolles Wohlfühlkino bewiesen, und er packt auch in „The Pinguin Lesson“ seine sozialen und politischen Anliegen in die weiche Watte guter Unterhaltung. Der deutsche Verleihtitel „Der Pinguin meines Lebens“ weist bereits in Richtung romantische Komödie: Allerdings verliebt sich ein englischer Lehrer namens Tom Michell nicht in eine Frau, sondern freundet sich mit einem Magellan-Pinguin an.

Die Geschichte dazu ist übrigens ebenso echt wie der Pinguin in der Hauptrolle. Er spielt an der Seite des gewohnt witzigen Brit-Comedian Steve Coogan, der 1976 als Tom Michell in ein 70er-Jahre-beige-braunes Argentinien kommt, um dort an einer Privatschule für reiche Söhne zu unterrichten. Das Land steht unmittelbar vor der Militärdiktatur, doch an der Schule wird Politik mit kleinem p geschrieben. Als es zu einem Putsch kommt, nutzt der sarkastische Michell die Gelegenheit für einen Urlaubstrip nach Uruguay. Dort stolpert er am Strand über einen ölverschmierten Pinguin, der sich – lustige Geschichte! – nicht mehr abschütteln lässt. Der Pinguin – zuerst genannt Peter, dann Juan Salvador – folgt ihm so hartnäckig wie die Graugänse ihrem Konrad Lorenz.

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Aufmerksamer Zuhörer

Zurück im Internat, bricht Juan Salvador alle Herzen. Wenn man ihm etwas erzählt, legt er seelenvoll den Kopf zur Seite wie ein sensibler Sittich und hört aufmerksam zu. Von der Putzfrau bis zum Herrn Direktor schütten ihm alle ihr Herz aus. Sogar die renitente Bubenklasse legt sich platt auf den Boden des Schulzimmers, um mit dem Vogel im Frack auf Augenhöhe zu gehen. Von dort aus lauscht sie ergriffen der „kontroversiellen Lyrik“, die ihnen ihr Lehrer vorträgt, während Juan Salvador im Watschelgang die Aufsicht übernimmt.

Tobis

Begeistert mit seinem Pinguin die Schulklasse: Steve Coogan als Lehrer

Steve Coogan als Tom Michell ist nicht nur punktgenauer Komiker, sondern zieht auch mühelos alle Register im melancholischen Fach. Privater Verlust schwingt in seinen Worten mit, wenn er den Buben ein Gedicht von Charlotte Mew zitiert: „Vor siebzehn Jahren sagtest du / Etwas, das wie Abschied klang; / Und alle denken, dass du tot bist, / Alle außer mir.“

Die politische Situation Argentiniens, in der die Menschen von der Straße weg verhaftet werden, wird zur Echokammer von Michells persönlicher Tragödie. Ohne in Kitsch zu kippen, balanciert Cattaneo mit Fingerspitzengefühl zwischen gelungener Komödie und echter Herzenswärme. Am Ende gibt es sogar noch die großartigen Original-Aufnahmen vom echten Juan Salvador, wie er 1976 durch das Schwimmbecken der Schule paddelt.Welt-Pinguin-Tag ist übrigens am 25. April, also übermorgen.

INFO: E/GB/USA/IRL 2024. 111 Min. Von Peter Cattaneo. Mit Steve Coogan, Jonathan Pryce.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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