Begräbnis-Diplomatie: Wie Politiker beim Papst-Abschied taktieren

Politik

Die Frage, die sich politische Beobachter stellen, ist: Wird es am Samstag in Rom bei der Bestattungszeremonie von Papst Franziskus bleiben, oder wird der eine oder andere anwesende Politiker die Gelegenheit wahrnehmen, um am Rande das eine oder andere Thema, das momentan für geostrategische Spannungen sorgt, informell anzuschneiden. Zum Beispiel die Kriege in der Ukraine und dem Gazastreifen – oder die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump.

„Begräbnisdiplomatie“ nennt man das. Trauerfeierlichkeiten sind im Fall von Mächtigen nicht nur ein Moment der Würdigung des Verstorbenen, sondern auch ein hochsensibles politisches Ereignis. 

Als paradigmatisch gilt hier das Verhalten des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Papst Franziskus hatte ihm im Dezember ausgerichtet, dass „die Tötung von Kindern nicht Krieg, sondern Grausamkeit“ sei. Netanjahu scheint das auch über den Tod hinaus nicht verziehen zu haben. 

Und so kam es, dass Israels Staatsoberhaupt Jitzack Herzog als einer der Ersten sein Beileid zum Tod von Franziskus aussprach, bis jetzt aber Regierung und Premier kein einziges Wort darüber verloren haben. Damit nicht genug: Die Beileidsbekundungen der israelischen Botschaften weltweit wurden vom israelischen Außenministerium gestrichen.

Mit wem spricht Trump?

Dieser Konflikt dürfte am Samstag ungelöst bleiben. Die Präsenz vieler europäischer Regierungschefs könnte am Rande des Begräbnisses jedoch die eine oder andere Unstimmigkeit besänftigen. Zum Beispiel zwischen der EU und den USA. Bis jetzt hat sich Trump geweigert, Kommissionschefin Ursula von der Leyen persönlich zu treffen. Am Samstag werden sie gezwungenermaßen aufeinanderstoßen.

REUTERS/JONATHAN ERNST

Trafen einander zuletzt im Jahr 2020 am Weltwirtschaftsforum in Davos persönlich: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump.

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Giorgia Meloni, Italiens Regierungschefin, hat gestern noch einmal beteuert, am Samstag gehe es allein um die Trauerfeierlichkeiten. Sollte es dann doch anders kommen, würde sie sich dem sicher nicht widersetzen. Melonis Ambition ist es infolge der US-Zölle mehr denn je, sich als Vermittlerin zwischen USA und EU zu profilieren.

Die italienischen Medien schreiben, Trump wäre lieber zu Hause geblieben. Es sei sein Vize JD Vance, der ihn dazu gedrängt habe, nach Rom zu fliegen. Vielleicht war es ja das Zusammentreffen mit Politikern, die ihm im Moment nicht wirklich wohlgesonnen sind, vor dem sich Trump drücken wollte.

Von der Begräbnisdiplomatie schreibt auch die Tageszeitung der italienischen Bischofskonferenz Avvenire – und blickt über den westlichen Tellerrand: Aus Taiwan wird ein Staatsvertreter anwesend sein. Ungewiss bleibt dagegen, ob China jemanden schickt oder ob es bei der schriftlichen Botschaft bleibt, die Peking 24 Stunden nach Franziskus’ Ableben verschickte – auch das wurde als politisches Zeichen gewertet. 

Ungewiss ist auch, ob ein russischer Vertreter anreisen wird. Präsident Wladimir Putin bleibt jedenfalls in Moskau; er müsste aufgrund des vom internationalen Gerichtshof 2023 ausgesprochenen Haftbefehls bei der Einreise nach Italien verhaftet werden. Stattdessen ist die Teilnahme des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij sicher. 

Der Tod schafft Nähe

Wunder hat die Begräbnisdiplomatie noch nie vollbracht, aber zu dem einen oder anderen einprägsamen Ereignis verholfen. Bei der Bestattung des südafrikanischen Freiheitskämpfers und Präsidenten Nelson Mandela kam es 2013 zum historischen Händeschütteln zwischen US-Präsident Barack Obama und Kubas Machthaber Raúl Castro. 

Auch ein Papst wirkte bereits nach seinem Tod nach: Bei der Bestattung von Johannes Paul II. am 8. April 2005 …read more

Source:: Kurier.at – Politik

      

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